EU-Wasserrahmenrichtlinie

Lästig? – Daher ignoriert und gerne vergessen?

„Nicht die Ziele, sondern deren Umsetzung!“, das ist das eigentliche Problem der EU-Wasserrahmenrichtlinie.

EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)

Das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot unserer Gewässer sind die zentralen Punkte der WRRL. An den Gewässern, die bereits einen guten Zustand aufweisen, werden Maßnahmen gesetzt, die absichern, dass der Schutz weiterhin gewährleistet ist. Für Gewässer, die sich in einem schlechteren als einem guten Zustand befinden, wurden Ziele gesetzt, die zu einer stufenweisen Verbesserung des Zustands in den Gewässern bis zum guten Zustand führen. Der „gute Zustand“ bzw. das „gute Potenzial“ für künstliche oder erheblich veränderte Wasserkörper muss dabei bis 2015 – spätestens 2027 – stufenweise erreicht sein. Außerdem ist ein Verschlechterungsverbot zu berücksichtigen.

Erheblich veränderte Oberflächengewässer brauchen nur ein gutes Potential. Dieses ist in Österreich eine Kombination aus „Referenzansatz“ und „Maßnahmenansatz“, also aus dem Vergleich zum Zustand des Gewässers vor seiner Einstufung als „erheblich verändert“ und aus einem Vergleich mit dem Zustand des Gewässers wenn alle praktisch möglichen Maßnahmen zur Verbesserung der biologischen Komponenten im Gewässer getroffen würden. Für Fische bedeutet dies etwa, dass ein sich selbst erhaltender Fischbestand mit ausreichender Biomasse, der ohne Besatzmaßnahmen langfristig bestehen kann, erreicht werden muss, um ein gutes ökologisches Potential darzustellen.

Die WRRL wurde 2003 mit der Novelle zum Wasserrechtsgesetz (WRG) in nationales Recht umgesetzt. Wie und wann die Ziele der WRRL erreicht werden sollen, werden im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) festgelegt.

Der „Runde Tisch Wasser“ wurde vom Bundesministerium für Land-, Forst-, Umwelt- und Wasserwirtschaft (BMLFUW) ins Leben gerufen, um Stakeholder und Betroffene in die Erstellung des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes (NGP) einzubinden. Das Hauptziel ist die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in Österreich. ÖKF FishLife ist in diese Arbeitsgruppe bereits seit Jahren eingebunden. Diese werden in eine Art „Workshop-Charakter“ abgehalten, sodass wie die Interessen der Fischerei entsprechend vertreten und aktiv den Planungsprozess begleiten haben.

Ein schrittweises Vorgehen bei der Gewässersanierung war der notwendige Kompromiss.

 

1. Nationaler Gewässerbewirtschaftungsplan (2009-2015)

Im Rahmen des WRG wurde zur Umsetzung der WRRL und des Maßnahmenprogramms des NGP im § 33d eine Sanierungspflicht zur Erreichung des ökologischen Zielzustandes festgeschrieben.

Im ersten NGP konzentrierten sich die geforderten Maßnahmen auf die großen Gewässereinzugsgebiete über 10 km² (prioritärer Sanierungsraum). Aus fischökologischer Sicht wurde der Schwerpunkt auf die Gewässerdurchgängigkeit gelegt.

Mit einem Förderungsprogramm UFG wurden mit 140 Mio. an Fördermitteln über 340 Mio. Euro an Projekten verwirklicht.

IST-Bestandsanalyse nach dem 1. Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (2015)

  • Gewässerstrecken mit einem guten ökologischen Zustand konnten nur um minimale 3%-Punkte gesteigert werden.
  • Bei 66 % der Gewässer ist das Risiko einer Zielverfehlung evident.
  • Bei derzeit insgesamt 32.000 erfassten Fischwanderhindernissen sind die bis 2021 (lt. 2. NGP) angestrebten 2.000 zu sanierenden Bauwerke (= 6 % aller nicht fischpassierbaren Hindernissen) ein Tropfen auf dem heißen Stein.
  • Nach Ablauf der dritten Planungsphase im Jahr 2021 wird nicht einmal ein Viertel aller Restwasserstrecken über einen aus ökologischer Sicht ausreichenden Abfluss verfügen.
  • Morphologische Maßnahmen sollen auch weiterhin nur vereinzelt und auf freiwilliger Basis umgesetzt werden, was seit 2009 zu lediglich 250 Sanierungsmaßnahmen in ganz Österreich geführt hat.
  • Klimawandel, Geschiebedefizit, Schwall & Sunk, invasive Neobiota, endokrine Stoffe – all diese Problemkreise werden zwar am Rande erwähnt, konkrete Maßnahmen werden nicht ergriffen.
  • Finanzierung bzw. Förderung der Umweltschutzprojekte wird stark reduziert

 

2016 – 2021 sollte der 2. Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan in Kraft treten

Derzeit müssen wir leider beobachten, dass in Österreich vieles dem Ökostrom Wasserkraft untergeordnet wird, so auch im sogenannten „Umweltministerium“. Umso notwendiger ist unsere Mitarbeit beim „Runden Tisch Wasser“ des BMLFUW, wo gemeinsam mit Vertretern des Ministeriums, Wasserkraftbetreibern, Gemeinden und NOGs am 2. Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan gearbeitet wird. Die Steine, die uns aus ökologischer Hinsicht in den Weg gelegt werden, sind groß: Minimalvarianten werden bevorzugt, Fischaufstiegshilfen werden ohne weiterführende Strukturmaßnahmen umgesetzt, Freiwilligkeit bei fehlender öffentlicher Fördermöglichkeiten progagiert und Abwartetaktiken können mit der Begründung nach dem derzeitigen „Stand der Technik“ und der Forderung nach weitergehenden Studien durchgesetzt werden.

 

Unsere Schwerpunkte für den 2. NGP:

  • gegen die Gier der Wasserkraft: Strom kann man kaufen, die Wassernutzung ist kostenfrei.
  • gegen die Gier der Chemie und Landwirtschaft: Unsere Flüsse und Bäche sind längst nicht so sauber, wie es scheint. Ein Großteil unserer Gewässer enthält einen ganzen Cocktail an giftigen Pestiziden.
  • Arzneimittel in der Umwelt: Über das Abwasser landet vieles ungeklärt in den Flüssen und Bächen.
  • Treibhausgase, das Schreckgespenst aus dem Stausee. Am Grund des Sees gärt es und es entsteht eine dicke Schlammschicht, wo Sauerstoff kaum noch eindringen kann. Die Folge: Es wird Methan produziert, welches den Treibhauseffekt 25mal stärker aufheizt als Kohlendioxid.
  • Wasserkraft als Allheilmittel für die Lösung unserer Klimaprobleme?
  • Der Klimawandel droht nicht irgendwann in ferner Zukunft, er ist längst da. Die Fischerei ist der große Verlierer der Energiewende. Mittlerweile muss um jeden Tropfen Wasser (Restwasser) gekämpft werden. Fischarten, die kaltes, sauerstoffreiches Wasser brauchen, verlieren ihre Lebensräume. Das Wasser in Seen durchmischt sich nicht mehr so gut und führt zu Algenblüten und Wildwuchs unerwünschter Wasserpflanzen. Fische leiden unter Hitzestress und Sauerstoffmangel und werden anfälliger für Krankheiten und Parasiten. Der Verbauungsdruck auf unsere Flüsse seitens der Politik wird steigen. Bei unserem bereits hohen Ausbaugrad der Wasserkraft bedeutet das wieder einen „Run“ auf Kleinwasserkraftwerke. ÖKF FishLife muss verstärkt aufzeigen, dass es technologisch andere und naturverträglichere Methoden zur Energieerzeugung gibt.
  • Vor allem Kleinwasserkraft ist bei geringer Wasserführung keine verlässliche Energiequelle, da bei geringem Wasserstand keine Stromerzeugung möglich ist.

 

ÖKF FishLife hat eine entsprechende Stellungnahme an das BMLFUW abgegeben, veröffentlicht und nachzulesen auf http://wisa.bmlfuw.gv.at/fachinformation/ngp/ngp-2015/stellungnahmen.html

Petition/Offener Brief „Gemeinsam für lebenswerte Fließgewässer“

Zum jetzigen Zeitpunkt (Juni 2017) ist noch immer unklar, wann der 2. NGP für die Wirkungsdauer 2015 – 20121 !!! veröffentlicht wird.

Gemeinsam sind wir stärker: 48 NGOs fordern die zuständigen Bundesminister Rupprechter (Umwelt) und Schelling (Finanzen) auf, endlich den 2. Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) zu veröffentlichen und entsprechend Geld für die Sanierung unserer Gewässer bereit zu stellen. Heute ist der NGP übrigens auch Thema im Umweltausschuss des Nationalrates.

Beim 9. ÖKF FishLife Forum im April 2017 wurde der generell erbarmungswürdige Zustand der österreichischen Gewässer aufgezeigt. Dazu sagte Prof. Dr. Mathias Jungwirth: „Die Fischbestände gehen krass zurück – wir müssen handeln!“.

Ein Hoffnungsschimmer schien im Jahr 2000 mit der „EU-Wasserrahmenrichtlinie“ aufzuleuchten, der zufolge all unsere Gewässer bis 2015 (!) in einen guten bzw. sehr guten Zustand gebracht worden sein sollten. Diese Frist wurde mittlerweile auf 2021 bzw. 2027 verlängert. Noch immer sind über 60 % in einem schlechten Zustand und somit akut sanierungsbedürftig. In der Arbeitsgruppe „Runder Tisch Wasser“ wird im Umweltministerium mit Stakeholdern – u.a. mit ÖKF FishLife – an der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie im Rahmen des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes gearbeitet.

Doch um die EU-Wasserrahmenrichtlinie in Österreich effektiv zu realisieren, fehlt es rundum an Geld. Von den bis 2021 notwendigen Fördermitteln von mind. 140 Mio. € stehen bis Ende des Jahres lediglich 4 Mio. € aus einem Resttopf zur Verfügung! So verzögert sich auch die Veröffentlichung des 2. NGPs.

Als Resultat ist nun eine Petition „Gemeinsam für lebenswerte Fließgewässer“ an den Umwelt- und den Finanzminister auf den Weg gebracht worden. Hinter der Forderung, die Sanierung der Fließgewässer entsprechend dem gesetzlichen Auftrag ernst zu nehmen und die dafür erforderlichen Geldmittel zur Verfügung zu stellen, stehen über 250.000 Angler in Österreich, zusammen mit zahlreichen weiteren Naturschutzorganisationen wie etwa WWF oder Umweltdachverband. Gemeinsam mit den unterzeichnenden Partner-NGOs appelliert ÖKF FishLife darin an die staatlichen Verantwortungsträger, ihrer Verpflichtung gegenüber allen ÖsterreicherInnen nachzukommen und die notwendige Finanzierung lebenswerter Fließgewässer (nichts anderes ist die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie) bereitzustellen.

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