Fisch des Jahres 2012: Der Huchen
Futtermangel
Durch den drastischen Rückgang aller Fischarten im Donauraum finden Huchen nicht mehr genug Futter, um in größeren Beständen selbsterhaltend zu existieren. Als Prof. M. Jungwirth nur mehr in vier unserer Flüsse sich selbst erhaltende Huchenbestände feststellte, gab es in der 33km langen Donaustrecke der Wachau nur mehr etwa 8000 Nasen. Das ist die Weißfischart, von der sich der Huchen überwiegend ernährt, und auch die anderen, für den Donauraum typischen Schwarmfischarten waren dramatisch zurückgegangen. Gerade beim Huchen, der aufgrund seiner majestätischen Größe an der Spitze der Nahrungskette in seinem Lebensraum steht, zeigte sich besonders, wie lawinenartig sich die vielfältige Schädigung unserer Fließgewässer auswirkt.
Einordnung
In Asien gibt es mehrere Huchenarten, wie bei allen Forellenartigen sind sich die Wissenschaftler auch bei diesen Fischen über die Zugehörigkeit nicht einig. Unbestritten ist, im Bereich der Donau gibt es nur eine Art, unseren Huchen. Bei der größten Art, dem asiatischen Taimen (wird noch größer als unser Huchen, angeblich bis zu 100kg) gibt es aber bereits unterschiedliche Ansichten. Holcik veröffentliche 1988, er habe mit mikrobiologischen Methoden nachgewiesen, dass Huchen und Taimen dieselbe Art wären. Es bleibt abzuwarten, worauf sich die Wissenschaft einigen wird. Für unseren Huchen ist das aber ohnedies ohne jegliche Bedeutung.
Fischerei
Die erfolgreichen Bemühungen um die Weiterexistenz des Huchens ermöglichen regional sogar wieder eine verantwortungsbewusste Fischerei auf diesen Raubfisch. Obwohl der Huchen im Sommer viel mehr jagt, ist der Winter die Hauptfangzeit. Da haben sich die Futterfische zurückgezogen, außerdem sind die Rogner (Weibchen) im Winter hungriger, weil sie die Laichprodukte aufbauen. Trotzdem kann man oft tagelang fischen und nichts tut sich. Sogar die „Experten“ unter den Huchenfischern sind eben doch auch vom Anglerglück abhängig.
STECKBRIEF
Der Huchen ist der größte Lachsfisch – „Salmonide“ oder „Forellenartiger“ – der Welt: Der Eurasische Huchen erreicht eine Länge bis zu 2m und ein Gewicht von 60kg; selbst bei Wien wurden noch im 19. Jahrhundert Huchen mit über 50 kg gefangen. Heute – 2012 – kommen Huchen mit mehr als 30kg im Donauraum nicht mehr vor.
Körpermerkmale
Der Körperbau des Huchen weist ihn als perfekten Räuber im bewegten Flusswasser aus: langgestreckt und torpedoförmig, durch graue oder graubraune Färbung gut getarnt, ein tief gespaltenes Maul mit spitzen Zähnen.
Wie alle Forellenartigen trägt er auf dem Rücken eine Fettflosse, seine kleinen Schuppen können – je nach regionalem Stamm – rötlich schimmern, die Flanken weisen ausschließlich schwarze Punkte auf; dadurch kann man ihn etwa als Jungfisch nicht mit der rot-schwarz gepunkteten Bachforelle verwechseln.
Lebensweise
Der Huchen bezieht tiefe Gumpen der Fließgewässer und ernährt sich von großen Beutefischen, Wasservögeln und kleinen ins Wasser geratenen Säugertieren. Doch nicht sein ganzes Leben verbringt er auf diese Weise, seine „Kindheit“ und „Jugend“ verlaufen gänzlich anders:
Die Huchenweibchen legen in der kalten Jahreszeit bis zu 2m lange, „Huchenrieb“ genannte Laichgruben an, indem sie den Kies mit der Schwanzflosse wegschlagen. Dort legen die Huchen ihren Laich paarweise ab, das Weibchen schwimmt dabei immer ein kleines Stück stromauf, um die stromab liegenden Eier mit aufgewirbeltem Kies zu bedecken. Deshalb muss auch der Schotter gut durchströmt sein, damit die Eier und später die Brütlinge immer genug Sauerstoff erhalten.
Wenn die Brütlinge schlüpfen, haben sie noch einen Dottersack, und erst wenn der aufgebraucht ist, kommen die kleinen Fische aus dem Schotter. Nun schnappt der Fisch kleine daherperlende Luftblasen und schluckt sie, presst sie in die Schwimmblase. Danach fängt der Huchen auch schon zu fressen an, winzige Tierchen wie etwa Kriebelmückenlarven.
Sein Lebensraum in dieser Zeit sind seichte, strömungsberuhigte Buchten. Dann, ein wenig größer, wechselt er in seichte Rieselstrecken, und später, mit der steigenden Größe seiner Beutefische, allmählich in stärkere Strömung und tieferes Wasser.
Die halbwüchsigen, 30 bis 40 cm langen Huchen leben in der Donau z.B. über Schotterbänken im Freiwasser, sie jagen Hasel- und Grundelschwärme, auch Jungfische von Aitel, Barbe und Nase.
Verbreitung
Der Lebensraum des Huchen ist aufgrund von Sauerstoffgehalt und Wassertemperatur die Äschen- und Barbenregion. Der Huchen besiedelte diese Region der Flüsse im Donaugebiet, von Bayern bis zur Westukraine. Laut Literatur kam er nur in den südlichen Zubringern vor, doch wurden Huchen durchaus auch im Kamp und anderen nördlichen Flüssen dokumentiert.
Durch Regulierungen, Begradigungen, Uferbefestigungen, Einleitungen von Abwässern aller Art und die ersten Wasserkraftwerke schrumpften die Huchenbestände bereits im 19. Jht, stark beschleunigt dann mit dem Boom der Wasserkraftwerke ab den Fünfzigerjahren des 20. Jhts. Noch vor wenigen Jahrzehnten stellte Prof. M. Jungwirth nur mehr in vier unserer Flüsse sich selbst erhaltende Huchenbestände fest (Drau, Gail, Mur und Pielach).
Heut kommen Huchen dank vielseitiger Bemühungen auch wieder in Enns, Traun, Vöckla oder Ybbs vor. Selbst in der Donau östlich von Wien wurden in den letzten Jahren immer wieder vereinzelt Huchen gefangen. Einzelne Huchen gibt es aber sogar im Wiener Donaukanal, wie gelegentliche Fänge zeigen.
Foto: Herbert Frei