Flüsse voller Leben
Umweltallianz präsentiert Kaunertal Erklärung 2022
Wieviel Natur darf man zerstören, um „saubere“ Energie zu gewinnen
40 Umweltvereine und Wissenschaftler*innen fordern Ausbau-Stopp für Kraftwerk Kaunertal – Tiroler Landesregierung muss die letzten intakten Alpenflüsse schützen und naturverträgliche Energiewende umsetzen.
Insgesamt 40 Umweltvereine und Stimmen aus der Wissenschaft fordern in einer gemeinsamen Erklärung den Stopp des Ausbaukraftwerks Kaunertal. Stattdessen müsse die Tiroler Landesregierung die letzten intakten Alpenflüsse schützen und eine konsequent naturverträgliche Energiewende umsetzen.
Kraftwerksprojek gefährdet Wasserressourcen
Die Pläne für das KW Kaunertal wurden bereits 2009 eingereicht. Die Umweltverträglichkeitsprüfung für die rund 2 Mrd. Euro teure Erweiterung befindet sich aktuell in der Vollständigkeitsprüfung. Bis zu 80 Prozent des Wassers werden aus dem 34 Kilometer entfernten Ötztal – einem der niederschlagsärmsten Täler – mit Rohrleitungen durch das Bergmassiv ins Platzertal umgeleitet. Im Platzertal werden neun Fußballfelder an Moorflächen geflutet. Mit seinen 120 Metern wäre der Staudamm so hoch wie der Stephansdom. Das verändere den Wasserhaushalt einer ganzen Region – mit gravierenden Folgen für Natur und Mensch. Das Kaunertal war früher das Tal der Wasserfälle.
Wir müssen Wasserkraft neu denken
„Frei fließende Bäche und Flüsse zählen zu den wertvollsten Lebensräumen weltweit – auch in den Alpen. Dennoch werden diese letzten Wildflüsse verbaut und somit zu den Verlierern einer verfehlten Energiepolitik“, kritisiert Prof. Dr. Klement Tockner, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und fährt fort: „Wasserkraft ist zwar eine erneuerbare aber keinesfalls eine umweltfreundliche oder klimaneutrale Energiequelle.“
Die Klima- und Biodiversitätskrise ist nur mit Hilfe der Natur zu bewältigen. Dazu gehöre vorrangig ein Schwerpunkt auf Energiesparen, den Photovoltaik-Ausbau und den Austausch von Öl- und Gas-Heizungen gegen Fernwärme, Wärmepumpen und Solarenergie. Nur so kann Österreich unabhängig von Öl, Gas und Kohle werden.
Bei den politischen Verantwortlichen stösst man großteils auf taube Ohren. Wer gegen Wasserkraft sei, spiele autoritären Regimen in die Hände, so Josef Geisler (LHM-STV ÖVP). Felipe (LHV-STV) von den Grünen verweist auf den Verbesserungsauftrag an die Tiwag bis Feber 2023, der voraussichtlich umfangreiche Umplanungen enthalten wird. Anders als Felipe nannt Klubobmann Gebi Mair die Pläne „ferne Phantasien“ und pocht auf Energiesparmaßnahmen und Ausbau der Photovoltaikanlagen zum Erreichen der Energiewende.
Über die Kaunertal-Erklärung 2022
Die vom WWF Österreich initiierte Kaunertal Erklärung wird unterstützt von 30 Organisationen aus den Bereichen Umwelt-, Natur- und Klimaschutz, Fischerei und Wildwassersport. Darunter sind der Verein Lebenswertes Kaunertal, GLOBAL 2000, der Naturschutzbund, der Alpenverein, Fridays for Future Innsbruck, WET Tirol, das Österreichische Kuratorium für Fischerei und Gewässerschutz und zahlreiche weitere. Dazu kommen 10 Stimmen aus der Wissenschaft.
Vollständige Auflistung der unterstützenden Organisationen (alphabetisch):
Organisationen
- ABA Austrian Biologist Association
- Alpenverein Österreich
- Austrian Youth Biodiversity Network
- Bayerische Einzelpaddler-Vereinigung e.V.
- Bayerischer Kanu Verband e.V.
- Birdlife Österreich
- BUND Naturschutz in Bayern e.V.
- EuroNatur Stiftung
- Forum Wissenschaft & Umwelt
- Free Rivers Fund
- Fridays for Future Innsbruck
- Generation Earth
- GLOBAL 2000
- LBV Landesbund für Vogelschutz Bayern
- Living European Rivers Initiative
- Naturfreunde Österreich
- Naturschutzbund Österreich
- ÖKF FishLife Österreichisches Kuratorium für Fischerei und Gewässerschutz
- Ökobüro – Allianz der Umweltbewegung
- Patagonia
- Riverwalk
- Riverwatch
- Save our Rivers
- The River Collective
- Umweltdachverband
- Verein Lebenswertes Kaunertal
- VÖAFV Verband der Österreichischen Arbeiter-Fischerei-Vereine
- WET – Wildwasser erhalten Tirol
- WWF European Policy Office, Brüssel
- WWF Österreich
Wissenschaftler*innen
- Franz Essl; Ao.Univ-Prof. Mag. Dr., Department für Botanik und Biodiversitätsforschung – Universität Wien
- Leopold Füreder; Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr., Institut für Ökologie – Universität Innsbruck
- Armin Landmann; Univ.-Doz. Mag. Dr., Institut für Zoologie – Universität Innsbruck
- Susanne Muhar; Ao.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr., Inst. für Hydrobiologie und Gewässermanagement – Universität für Bodenkultur
- Birgit Sattler, Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr., Institut für Ökologie – Universität Innsbruck
- Gabriel Singer; Univ.-Prof. Mag. Dr., Institut für Ökologie – Universität Innsbruck
- Klement Tockner; Prof. Dr., Goethe-Universität Frankfurt; Generaldirektor Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
- Roman Türk; Univ.-Prof. i.R. Dr., – Präsident Naturschutzbund Österreich
- Peter Weish; Univ.Doz. Dr., Institut für Zoologie – Universität für Bodenkultur
- Steven Weiss; Ao.Univ.-Prof. Dr., Institut für Biologie – Karl-Franzens Universität Graz
Mehr Informationen unter: www.fluessevollerleben.at/kaunertal
Bilder: WWF